An einen Überzeugten

Hier geht es NICHT um einen „Troll“, nur um ein wiederkehrendes Element in der Diskussion über die Covid 19 Pandemie

In einem Aufsatz über Corona erklärst Du mir die Pandemie. Beginn ist, es werde Kenntnis der „Faktenlage“ nach Fachmensch X und Y vorausgesetzt.

Hier steigt das Lesewesen schon aus. (Ich nicht, ich las alles). Aber als durchschnittliches Lesewesen bin ich hier schon weg, DENN: Erstens kenn ich die Theorien nicht. Zweitens, und das ist viel wichtiger, werden sie ohne weiteres zur Realität erklärt. Blick ins Netz zeigt deutlich, dass es sich bei den genannten Personen um eine völlige Mindermeinung handelt. Die Standpunkte der medizinischen Fachliteratur, die mein Vertrauensarzt mir erklärt, sind total gegensätzlich und herrschende Meinung (die sich auch täuschen kann, klar).
Und jetzt, drittens ganz wertungsfrei, leg ich an der Stelle das Paper weg, denn ich soll ja erst noch was anderes lesen und Videos schauen. Die Auseinandersetzung damit, warum die Mindermeinung von mir als einzig gültige Realität zu akzeptieren sei, fehlt völlig. Und: falls ich der Meinung NICHT zustimme, die ich erst noch lesen soll – erübrigt sich das Lesen des Aufsatzes.

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Ich sage immer wieder, YOU ARE PREACHING TO THE CHOIR. Bei sehr vielen Argumenten arbeitest Du so, dass Du ausschließlich die bereits Überzeugten erreichen kannst.
Das ist, wie einen Apfel NICHT zu essen. Was soll’s?

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Kern der Diskussion ist, wie gefährlich die Erkrankung ist und inwieweit sie riesig große Gruppen der Gesellschaft gleichzeitig lahmlegen kann. Diesbezüglich gibt es, unbestritten, einen hysterischen Touch in der öffentlichen Diskussion und Meinung, der wiederum sofort zum Tabu wurde. Regierung und Gesundheitswesen waren gleichermaßen besorgt, die Bevölkerung könne durch Leichtsinn eine Katastrophe auslösen. Fraglich ist: haben wir überreagiert, war die Gegenmaßnahme schlimmer als das ursprüngliche Problem?

Der letzte Absatz war jetzt, in genau 66 Wörtern, der Teil der Sache, um den man sich streiten kann. Alles andere ist ein Gehaue um die Faktenlage, das Du bereits verloren hast, bevor Du anfängst, denn damit wirst Du keinen mehr überzeugen. GEHEN WIR DAVON AUS, dass Du Recht hast (ich schließe mich da keiner Meinung an, ich sag nur, gehen wir mal davon aus). Also, UNTERSTELLT, DU HÄTTEST RECHT. Dann lassen sich Leute nur sehr ungern davon überzeugen, dass sie belogen wurden, und Du hast eine erdrückende Mehrheit gegen Dich; je mehr Opfer Leute für eine Idee bringen mussten, desto stärker halten sie daran fest – und die Opfer waren unbestreitbar riesig. Du hast buchstäblich die Mehrheit des Planeten gegen Dich. Es ist in diesem Jahrhundert nicht mehr möglich, da irgendwas zu kippen, auch deshalb, weil gerade ein ganz anderes Thema alles beherrscht.

Ich kann nicht begreifen, warum Du Dich an genau der Seite des Problems festbeißt, an der absolut nicht zu rütteln ist. In den USA gibt es dieselbe Diskussion, dort wird sie aber VIEL GESCHICKTER von Bill Maher geführt, der einfach sagt, OK Leute, die Fakten ändern sich, vielleicht sollten wir künftig anders mit sowas umgehen. Und das hören alle gern, damit kriegt er auch Politiker und Promis an den Tisch, und kein Arzt widerspricht ihm.

Wieviel Zeit Deines Lebens willst Du noch damit verbringen, an diese Klagemauer zu schlagen? Die bewegt sich keinen Millimeter. Und es gibt, wie gesagt, viel geschicktere Bereiche, in denen man seine Energie loswerden kann. Du bist, und ich glaube, Du ahnst das auch, irgendwie verliebt ins Rechthaben. Vielleicht HAST Du ja Recht, keine Ahnung. Aber Recht KRIEGEN wirst Du da nicht mehr, nicht außerhalb des kleinen Kreises Gleichgesinnter. Statt die Diskussion zu bewegen, lasst Ihr Euch aber alle mit dem ewig gleichen Trick erledigen.

Ich sag Dir ganz einfach mit 25 Jahren professioneller Internet-Erfahrung, Recht oder nicht, SO WIRD DAS NICHTS. Nicht mit irgendeinem Argument, nicht mit irgendeiner Maßnahme. Übrigens, selbst um es so zu machen wie Bill Maher muss man eben erstmal Bill Maher werden.

Oft kann ich diesen Hinweis nicht mehr geben. Es ist wie beim Vergleich mit der NS-Zeit: dass das jedesmal, ausnahmslos, ein Eigentor und eine Beschädigung der eigenen Sache ist, und vergebliche Liebesmüh.

Vielleicht brauchen manche das, einen Stein in der Faust zu drücken, um Sand draus zu machen. Ich schau irgendwann nur noch zu und denk OK, seltsame Hobbies kann man haben… aber den Rat, anders vorzugehen, den geb ich halt irgendwann nicht mehr.

Ich drück keine solchen Steine.

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